Simulationsplattform: Mit digitalen Zwillingen Softwaretests automatisieren

2022-04-21 08:22:50 By : Ms. Lu Na na

10.01.2022 – Kategorie: Hardware & IT

Mit Softwarelösungen von Siemens erschafft Trumpf eine virtuelle Maschine, die halbautomatisch einen digitalen Zwilling mehrerer Maschinenkonfigurationen generiert. Damit kann der Maschinenbauer die Qualität seiner Maschinen steigern und die Time-to-Market verkürzen.

Simulationsplattform in der Fabrik: Viele Produkte, die wir täglich nutzen, bestehen aus gestanzten oder geschnittenen und gebogenen Blechteilen. Komplexe Blechkomponenten haben in zahlreichen Anwendungen längst gegossene und zerspante Teile abgelöst, weil sie leichter und einfacher in großen Stückzahlen herzustellen sind. Ermöglicht wird dies durch Spezial-Werkzeugmaschinen.

Die Trumpf-Gruppe gehört zu den Pionieren und weltweit führenden Herstellern von Blechbearbeitungsmaschinen. Das 1923 gegründete Unternehmen stellte 1968 die weltweit erste NC-gesteuerte Blechbearbeitungsmaschine vor. Bereits 1979 implementierte Trumpf in einer kombinierten Laser-Stanzmaschine die Lasertechnik. Wegen mangelnder Präzision und Zuverlässigkeit der importierten Strahlquellen begann das Unternehmen 1985 eigene zu erzeugen. Neben Lasersystemen für das Schneiden, Schweißen und Oberflächenbehandeln von 3D-Teilen schuf die Gruppe Hochleistungslaser und Generatoren sowie Laser-basierte Lösungen für die additive Fertigung.

In erster Linie produziert Trumpf Werkzeugmaschinen für die flexible Blech- und Rohrbearbeitung. Das Portfolio umfasst Biege-, Stanz- und kombinierte Stanz-Laser­maschinen sowie Laserschneidmaschinen und Laserschweißgeräte. Maßgeschneiderte Maschinen sowie Automations-, Netzwerk- und Softwarelösungen unterstützen Anwender vom Design bis zu Produktionssteuerung bei der Aufgabe, 2D-Rohlinge in fertige 3D-Produkte umzuwandeln. In seinen smarten Fabriken in Deutschland und den USA bietet der Werkzeugmaschinen-Hersteller Beratung und Training für die ­digital vernetzten Produktionslösungen.

Trumpf reinvestiert mehr als zehn Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung – vermehrt in die Softwareentwicklung. Von Funktionserweiterungen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Steuerungs- und Visualisierungssoftware profitieren nicht nur die Käufer neuer Maschinen. Die halbjährlichen Software-Releases ermöglichen auch das Aktualisieren, Erweitern und Verbessern bestehender Blechbearbeitungsmaschinen des Herstellers.

Obwohl Trumpf-Maschinen durch einen einheitlichen Kern für jede Produktfamilie standardisiert sind, gibt es eine große Vielfalt mit zahlreichen Optionen. Beim Testen neuer Software vor der Auslieferung stellt das eine große Herausforderung dar. Zwar weist die Steuerungssoftware der Maschinen einige Selbsttest-Routinen auf, doch berücksichtigen diese nicht das Zeitverhalten der komplexen mechatronischen Konstruktionen. Früher musste man die finalen Tests an physikalischen Prototypen vornehmen. Deshalb hat Trumpf mehrere Konfigurationen von Maschinen aller Typen für Softwaretests und zur Fehlersuche vorgehalten.

Die Experten der Maschinendynamik-­Abteilung beschlossen daher, statt der echten Maschinen deren digitale Zwillinge für die Tests zu nutzen. Zahlreiche CAD-Softwareprodukte bieten Möglichkeiten für die virtuelle Inbetriebnahme individueller Maschinen mittels Simulation an Hardware-in-the-Loop (HiL). Verschiedene Computer­modelle in der virtuellen Welt zu testen, macht jedoch eine Simulation mit Software-in-the-Loop (SiL) erforderlich. Die Ingenieure von Trumpf informierten sich über mehrere Softwarelösungen. Mit drei Programmen erstellten sie Modelle der Laserschneidmaschine TruLaser 5030. Nach dem Benchmarking entschieden sie sich für eine Kombination von Produkten aus dem umfassenden, integrierten Software- und Dienstleistungsportfolio Xcelerator von Siemens Digital Industries Software. Die Lösung besteht aus der Software Mechatronics Concept Designer, einem Teil des Softwareportfolios NX für CAD, CAE und CAM, und der Simulationsplattform Simit.

„Gemeinsam ermöglichten uns die beiden Simulationslösungen, die von uns so genannte virtuelle Trumpf-Maschine zu schaffen,“ sagt Dr.-Ing. Bernd Renz, Leiter Maschinendynamik bei Trumpf und fährt fort: „Unter Verwendung einer Modell­bibliothek erzeugt diese komfortabel und halbautomatisch die digitalen Zwillinge all der verschiedenen Maschinen, die wir für jeden Testlauf benötigen.“

Mit dem Mechatronics Concept Designer erzeugten die Trumpf-Ingenieure Kine­matik-Modelle aller Komponenten und Baugruppen, die in einer Konfiguration der TruLaser 5030 vorkommen können. Dazu importierten sie die 3D-Modelle aus der CAD-Software und reicherten die Volumenmodelle mit Informationen über kine­matische Abhängigkeiten und physikalischer Eigenschaften mit Einfluss auf Trägheits- oder Gravitationseffekte an.

„Mit anwenderfreundlicher Handhabung und mächtigen Importfunktionen hat es uns der Mechatronics Concept Designer leicht gemacht, das Fundament für den digitalen Zwilling als Prüfstand zu legen“, bestätigt Renz. „Mit seiner vollwertigen 3D-Modellierung ermöglicht er darüber hinaus schnelle Eingriffe wie die Verein­fachung des Modells zur Beschleunigung der Simulation.“

Die Simulationsplattform Simit erlaubt das einfache Verbinden der Simulation mit der Automatisierungsumgebung wahlweise mit HiL oder ohne Steuerung mit SiL. Die Plattform erleichtert das Erstellen vollständiger Funktionsmodelle mit mehreren Bibliotheken branchenspezifischer und Simulations-Komponenten. Die Ingenieure schufen mittels Simit-Vorlagen eine Modellbibliothek mit sämtlichen Komponenten der TruLaser 5030 und deren Zeitverhalten.

Die Experten des Werkzeugmaschinen-Herstellers entwickelten eine Konfigurationssoftware, die mithilfe der Simit-Modellbibliothek halbautomatisch eine Anzahl individueller Maschinen für automatisierte Tests konfiguriert. Dieser Konfigurator für den digitalen Zwilling parametriert auch die Shared-Memory Schnittstelle zum ­Simulations-Konnektor. Diese ebenfalls im Haus entwickelte Software verbindet und synchronisiert das Funktionsmodell aus Simit mit dem virtuellen NC-Kern (VNCK) und koordiniert alle involvierten Softwaretools.

Die Kombination von Simit und dem Mecha­tronics Concept Designer sowie der hausintern entwickelten Softwaretools ermöglicht die Verwendung unter­schiedlicher Versionen von Teilen und Baugruppen. So lässt sich ein vollständiger digitaler Zwilling aller möglichen Konfigurationen der sogenannten virtuellen Trumpf-Maschine (vTM) erzeugen. „Die Modelle im digitalen Zwilling der Serienmaschine sind zu 80 Prozent aus Simit und nur zu 20 Prozent aus dem Mechatronics Concept Designer“, sagt Kevin Diebels, Maschinendynamik-­Ingenieur bei Trumpf, der die Erstellung der Gesamtlösung leitete. „Ist die Maschine in automatisiertes Handling eingebettet, kehrt sich dieses Verhältnis um.“

„Der digitale Aufbau einer neuen Maschinenkonfiguration für das Testen ist in wesentlich kürzerer Zeit und zu deutlich geringeren Kosten möglich als der eines physikalischen Prototypen. Nachdem die Modellbibliothek alle Komponenten einer bestimmten Maschine enthielt, konnten wir eine ähnliche Maschine in zwei Tagen modellieren“, bestätigt Diebels.

Noch spektakulärer war die Reduktion des Zeitbedarfs für die Tests: „Softwaretests vor Releases dauerten bisher vier Wochen. Nun können wir sie über Nacht erledigen“, ergänzt Renz.

„Die mit der virtuellen Trumpf-Maschine als Prüfstand über Nacht durchgeführten Softwaretests ermöglichen uns, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen und dabei eine fehlerfreie Software zu gewährleisten“, lautet das Resümee von Bernd Renz und betont: „Wir erwarten die Amortisation innerhalb eines Jahres.“

Der Autor Peter Kemptner ist Fachjournalist bei der Macht Marketing GmbH.

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