Trumpf umschippert Logistikengpässe

2022-08-21 06:44:38 By : Mr. Hansen Zhong

Ditzingen/ New Jersey. Weltweit sind die Lieferketten zum Zerreißen gespannt, Ware kommt oft verspätet oder schlimmstenfalls gar nicht beim Kunden an. Um 49 Laserschneidmaschinen und Produktionsteile rechtzeitig in die USA zu bekommen, hat der Ditzinger Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf als eines der ersten Industrieunternehmen Deutschlands deshalb kurzerhand selbst ein Hochseeschiff gechartert.

Gestern kam die „Arneborg“, so der Name des Schiffs, nach rund zwei Wochen Fahrt planmäßig in New Jersey (bei New York) an. Und bei Trumpf dürften die Verantwortlichen sowohl erleichtert sein, dass alles glattgegangen ist, als auch Überlegungen anstellen, inwiefern selbst gecharterte Schiffe auch künftig eine Option sind.

Vorteile bietet das Modell zweifellos: Trumpf war auf diese Weise nicht abhängig von den komplexen Routenplanungen der großen Logistikkonzerne, die auf ihren Containerschiffen auch die Zielorte zahlreicher anderer Güter berücksichtigen müssen. Stattdessen konnte der Ditzinger Hersteller selbst über Route, Zeit und Abfahrtsort bestimmen. Man sei quasi „Kapitän“ gewesen, sagte Manuel Thomä, ein Sprecher von Trumpf, gestern. So war es auch möglich, das Schiff nicht an einem der klassischen Terminals anlanden zu lassen, wo derzeit oft lange Wartezeiten vor den Häfen anfallen, bis die Schiffe be- oder entladen werden können. Thomä erklärte dazu, gerade das Anlaufen eines anderen Terminals sei der Clou an der Aktion gewesen: „Da geht es nicht nur um das Schiff, sondern auch um den Warenabfluss.“ So hätte man sich bei dem Nebenterminal darum kümmern können, dass genügend Lkws bereitstehen, die die Waren auch zügig weitertransportieren. Alles in allem dürften die Maschinen ihr Ziel dadurch um bis zu vier Wochen schneller erreichen.

Frank Nesselberger, bei Trumpf in Ditzingen für die globale Maschinenlogistik verantwortlich, weiß: „Lieferzeiten entwickeln sich mehr und mehr zum Wettbewerbsfaktor. Die aktuelle Situation erfordert deshalb kreative Lösungen. Es klang zunächst abwegig, als Hochtechnologie-Unternehmen ein eigenes Hochsee-Containerschiff zu chartern. Doch die Logistikkosten rechnen sich für Trumpf.“ Und das nicht nur im Sinne der Kundenbindung: Zwar nennt der Konzern keine Zahlen, doch der Transport per selbst gechartertem Schiff war in diesem Fall billiger als per Containerschiff. Allerdings hat Trumpf die „Arneborg“ auch nicht allein genutzt, sondern seine Maschinen zusätzlich zu anderer Fracht transportieren lassen. Weil diese aber nicht so zeitkritisch war, wurde es möglich, die Rahmendaten der Fahrt selbst festzulegen.

Auch künftig dürfte Trumpf vor Transport-Herausforderungen stehen. Das Ditzinger Unternehmen gehört zu den größten Beförderern übergroßer Ladungen in die USA, gleichzeitig sind die Vereinigten Staaten für Trumpf der wichtigste Absatzmarkt nach den Niederlanden. Dass sich die Situation auf den Weltmeeren in nächster Zeit entspannt, damit rechnet Trumpf-Logistikexperte Nesselberger jedenfalls nicht: „Wir sehen die Störungen aufgrund ihrer Vielschichtigkeit als mittelfristiges Phänomen an, das sich nicht so schnell auflösen wird. Die früher gekannte hohe Effizienz und Zuverlässigkeit im weltweiten Containertransport gibt es derzeit nicht mehr.“