Trendanalyse: Wie die CNC-Steuerung der Zukunft aussieht

2022-10-02 11:18:19 By : Ms. judy zhu

Mit Industrie 4.0, Cloud & Co. steigen die Ansprüche an moderne CNC-Steuerungen von Werkzeugmaschinen. Wie die Anpassung läuft und was die neuesten Trends sind.

Moderne Bedienung der Maschine mit Sinumerik One: Direkt an der Maschine unterstützt der Sinumerik Powerride das Einfahren des Werkstücks in kürzester Zeit. Und mit dem Handbediengerät HT 10 (links) ist auch am mobilen Gerät die durchgängige Bedienung der Maschine möglich. (Bild: Siemens)

Es gibt sie seit gut einem halben Jahrhundert: Computerized Numerical Control, kurz CNC-Steuerungen. Trotz immer leistungsfähigerer IT-Technik, Cloud- und Edge-Lösungen sowie Verlagerung der Intelligenz in die Komponentenebene wird es wohl noch eine ganze Weile bei CNC-Steuerungen bleiben.

Deren Leistungsfähigkeit nimmt stetig zu, wie Ralf Reines, Mitarbeiter Forschung und Technik beim VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken erklärt: „Zum einen wird die Hardware immer leistungsfähiger, zum anderen steigt der Anspruch an moderne Steuerungen, etwa im Zusammenhang mit Industrie 4.0“. Reines verweist in diesem Zusammenhang auf das VDW-Projekt „Konnektivität für Industrie 4.0“ (KonI 4.0) zur Standardisierung von Schnittstellen auf Basis von OPC UA, um große Datenmengen aus der Steuerung in den Edge-Rechner oder die Cloud zu bekommen (mehr dazu unter anderem in diesem Artikel: "Der Maschinenbau hat noch viele IT-Hausaufgaben vor sich").

Andreas Gebhardt ist Gruppenleiter für Bearbeitungstechnologien am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Er bestätigt: „Eine Reihe neuer Softwarefunktionen, Module und Schnittstellen ermöglicht eine vollständige Einbindung des Zerspanprozesses in die digitalisierte Fertigung.“ Dadurch verlagere sich die Arbeitsvorbereitung zunehmend vom Shopfloor in den virtuellen Raum. „Komplexe Bearbeitungen können so am digitalen Zwilling vorab simuliert, geprüft und optimiert werden.“

Henning Rausch, Produktmanager TwinCAT CNC und Branchenmanager Werkzeugmaschinen bei Beckhoff Automation: "Wir sehen einen klaren Trend, die in den Steuerungen vorhandene Datenbasis zur Optimierung des Bearbeitungsprozesses oder der Betriebsführung gezielt nutzbar zu machen - Cloud- und Edge-Technologien sind aus unserer Sicht dafür nicht zwingend erforderlich." (Bild: Beckhoff)

Agus Atmosudiro, Technical Manager CNC bei Fanuc Deutschland: "Tendenziell nimmt der Funktionsumfang bei einer CNC aus hauptsächlich zwei Gründe zu: Industrie 4.0 erfordert einen höheren Kommunikationsaufwand als bisher und der Bedarf an Maschinenintelligenz steigt." (Bild: Fanuc)

Markus Woitsch, CTO von Yamazaki Mazak Deutschland: "Mazak hat in die neueste Steuerungsgeneration Smooth Ai zukunftsfähige Softwarelösungen und den für die Fabrik der Zukunft wichtigen Aspekt des KI-Machine Learning integriert. Ihre innovativen Features machen sie zur idealen Steuerung für das Smart Manufacturing in der Fabrik der Zukunft." (Bild: Mazak)

Jan Gesthuysen, Projektmanager Engineering CNC Europe: "Die Funktion Job Lathe von Mitsubishi Electric, die G-Codeless Programming ermöglicht, verwirklicht bereits die Programmierung komplexerer Teile direkt an der Maschine, in dem Sie die Maschinenbediener Schritt für Schritt durch ein Set-Up leitet - eine Möglichkeit, der Herausforderung des Fachkräftemangels zu begegnen." (Bild: Mitsubishi Electric)

Uwe-Armin Ruttkamp, Geschäftsfeldleiter Machine Tool Systems bei Siemens: "CAM-Systeme sind deutlich flexibler als das Programmieren direkt an der Maschine. Gleichzeitig sehen wir auch die Tendenz, dass CAM-System und CNC immer mehr zusammenwachsen." (Bild: Siemens)

Ralf Reines, Mitarbeiter Forschung und Technik beim VDW: "In der Praxis werden Fertigungsparameter noch sehr oft an der Maschine direkt optimiert. Dieses verbesserte NC-Programm sollte dann idealerweise wieder zurück in das CAM-System gespielt werden. Dieser Kreislauf existiert in kommerziellen Lösungen heute nach meinem Kenntnisstand nicht. In der Normung gibt es diesen hingegen schon lange mit der Reihe ISO 14649 unter dem Namen STEP-NC." (Bild: VDW / Uwe Noelke)

Andreas Gebhardt, Gruppenleiter für Bearbeitungstechnologien am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA: "Wir entwickeln im Projekt EasyCNC eine autonome Maschine für einfache Werkstücke, die das Rohmaterial in der Maschine selbstständig mittels optischer Messtechnik einmisst und die Bearbeitungsoperationen, die auf diesem zuvor händisch aufgezeichnet bzw. angerissen wurden, selbstständig in G-Code übersetzt." (Bild: Fraunhofer IPA)

Alexander Verl, Leiter des Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen ISW der Uni Stuttgart: "Weiteren Fortschritt verspricht das GaiaX-Projekt, aber im Moment redet man da noch über Daten von Versicherungen oder Logistikunternehmen, nicht über Produktionsdaten. Das wird aber sicher einer der nächsten Schritte sein." (Bild: ISW)

Christian Brecher, Leiter des WZL an der RWTH Aachen: "Was die Steuerung heute und in absehbarer Zukunft innerhalb produzierender Betriebe über ihre Kernfunktionalität hinaus leisten muss, definiert das verstärkte Zusammenwachsen der Systeme im individuellen Einzelfall. In jedem Fall steigt der Funktionsumfang von CNC-Steuerungen an und ermöglicht so eine große Flexibilität hinsichtlich ihrer Nutzung." (Bild: WZL / Denise Krentz)

Die werkstattorientierte Programmierung, kurz WOP, hat dennoch weiter ihre Berechtigung, wie der Geschäftsfeldleiter Machine Tool Systems bei Siemens, Uwe-Armin Ruttkamp, feststellt: „Lohnfertiger nutzen werkstattorientierte Programmierung auf jeden Fall.“ Vor allem bei einfacher Zwei- und Drei-Achs-Bearbeitung würden die Bauteile oft direkt an der Maschine programmiert. Wichtig sei die Unterstützung an der Benutzerschnittstelle wie sie die Sinumerik Operate bietet, um eine Maschine einzurichten, egal in welcher Umgebung.

„Bei Lohnfertigern und bei Losgröße 1 in der Fertigung ist WOP auf jeden Fall noch relevant“, pflichtet Agus Atmosudiro, Technical Manager CNC bei Fanuc Deutschland, bei. Vor allem Drehmaschinen würden noch häufig an der Maschine programmiert. Das andere Ende markierten fünfachsige Fräszentren, „da ist man komplett raus aus der WOP“. Allerdings müsse jede CNC die Handhabung von Daten aus dem CAD/CAM-System für Optimierungszwecke unterstützen.

Dabei helfen Dr. Jens Kummetz, Leiter Produktmanagement NC-Steuerungen, zufolge moderne Assistenzfunktionen wie der CAD-Import für 3D-Dateien bei Heidenhain-Steuerungen: „Das ermöglicht, auch in der werkstattorientierten Programmierung voll digitalisiert zu arbeiten. Ein weiterer Vorteil der eigenen TNC-Steuerungen sei die 3D-Simulation, um die an der Maschine erstellten Bearbeitungsprogramme auf fehlende Angaben oder Ungereimtheiten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Geometrie der Werkzeugmaschine zu überprüfen. Grenzen setze hingegen eine hohe Bauteilkomplexität: „Für das Bearbeiten von Freiformflächen oder Berechnen von 5-Achs-Simultanbewegungen sind eine hohe Rechenleistung des Programmiersystems und ein hoher Zeitaufwand für das Programmieren selbst erforderlich.“

Lesen Sie unseren praktischen Überblick "Das sind die zentralen Trends der Werkzeugmaschinen-Branche". Darin erfahren Sie, welche Zukunftsthemen für die Zerspanung besonders relevant sind.

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Für CAM-Systeme spricht ihr meist großer Funktionsumfang: Sie bündeln oftmals applikationsspezifische Verfahren, die sich nur schwer in einer konventionellen Steuerungslösung unterbringen lassen. „Ein wirkliches Zusammenwachsen ist daher kaum zu erkennen“, erklärt Henning Rausch, Produktmanager TwinCat CNC und Branchenmanager Werkzeugmaschinen bei Beckhoff Automation. Einen Katalysator könnten allerdings PC-basierte Systeme bilden: „Sie bringen von Haus aus die Fähigkeit mit, klassische CAD/CAM-Applikationen parallel zur Echtzeitsteuerung mit PLC- und CNC-Funktionen ausführen zu können.“

Für Jan Gesthuysen, Projektmanager Engineering CNC Europe bei Mitsubishi Electric liegt die Intelligenz hingegen eindeutig in der CNC-Steuerung. Wesentlich für den intelligenten Bearbeitungsprozess sei die integrative Umsetzung der im CAM erstellten Programmbefehle auf der CNC-Steuerung. „Die intelligente Verbesserung und automatische Korrektur der CAM-Verfahrpunkte unterliegt dem Steuerungs- und Regelungssystem der CNC-Steuerung. Sie ist somit primär entscheidend für die Qualität des bearbeiteten Werkstücks.“ Beide Systeme wüchsen zusammen, weshalb die Kompatibilität der CAM-Systeme und CNC-Steuerungen immer wichtiger werde. Beispiel „Cutting Load Control“ der M8V-CNC-Steuerung: Sie passt den Vorschub für eine optimale Schnittlast am Werkstück an und reduziere so die Bearbeitungszeit deutlich.

Den Mensch im Mittelpunkt sieht Markus Woitsch. Für den Technikchef von Yamazaki Mazak Deutschland sitzt die Intelligenz für einen optimalen Bearbeitungsprozess „heute noch vor dem Bildschirm. Die Erfahrung des Anwenders mit Einflussfaktoren wie Wahl des Spannsystems, Schneidstoffe, Bearbeitungsfolgen und Bearbeitungsmaterial, wenn es um hochqualitative Bauteile geht, ist unerlässlich.“ Allenfalls könnten Systeme auf Basis künstlicher Intelligenz dem nahekommen, „wenn sie durch die Änderungen des Anwenders lernen, doch Erfahrung ist Stand heute noch das A und O“.

Wir haben gleich zwei Experten befragt, wie die aktuellen Trends bei CNC-Steuerungen aussehen und was sie in Zukunft leisten werden. Lesen Sie das ganze Interview mit den Wissenschaftlern!

Kurz zusammengefasst beschreibt Udo Nowak, Leiter der Technischen Schulung bei Heidenhain, die CNC der Zukunft: „Schnelles, effizientes Programmieren und Testen, intuitives Einrichten von Spannmitteln, Werkzeugen und Bauteilen, schnelles und prozesssicheres Bearbeiten für maximale Produktivität in der Fertigung sowie standardisierte Schnittstellen zur Anbindung an externe Systeme.“

Das sieht Markus Woitsch von Mazak ebenso. Intuitiv bedienbar, leicht vernetzbar und erweiterbar müssen die CNC sein, „um zukünftige Funktionen integrieren zu können“. Der Anwender soll sich auf seine Kernaufgabe der Maschinenbedienung konzentrieren können. Für Mazak ein wesentliches Element: künstliche Intelligenz. „Wir haben mit der Mazatrol SmoothAi-Steuerung das Feld bereitet für die zukunftsfähige Produktion.“

Neue Aufgaben sieht Uwe-Armin Ruttkamp von Siemens auf die CNC zukommen: „Sie muss das Zusammenwachsen mit neuen Technologien wie Additive Manufacturing und Roboteranbindungen fürs Be- und Entladen der Werkzeugmaschinen sowie für kleinere Bearbeitungsaufgaben parallel zur Hauptzeit unterstützen.“ Schnittstellen in der CNC machten Werkzeugmaschinen flexibler und anpassbarer an wachsende Anforderungen.

Henning Rausch von Beckhoff erwartet eine verstärkte Nachfrage nach fein skalierbaren Steuerungslösungen, „eine Voraussetzung, um auch im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein und für die Erfordernisse der digitalen Fertigung“. „Offenheit“ sei der Schlüssel, „Maschinen müssen sich ohne großen Anpassungsaufwand in Fertigungslandschaften integrieren lassen sowie nutzbringende Daten schnell und unkompliziert bereitstellen.“

Einfacher werden muss es auch Fanuc zufolge. „Die Nutzbarkeit muss auf allen Ebenen besser gestaltet werden. Das beginnt bei dem Engineering der Maschine und hört bei einer intelligenten Bedienoberfläche wie unser iHMI nicht auf.“ Das erfordere mehr Software, weil die Hardware an Grenzen stoße, wenn sie alle zusätzlichen Funktionen und Aufgaben abbilden soll. „Mithilfe von Software lassen sich bei guter Architektur Funktionen besser skalieren und erweitern.“

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