Der Traum vom eigenen PC-Gehäuse, Teil 2: Die Fertigung - digitec

2022-04-21 08:21:54 By : Ms. Alina Zhang

Der Traum vom selbst gemachten PC-Gehäuse rückt für David immer näher. Der Aargauer Polymechanik-Lehrling baut sich zusammen mit Kollege Viktor ein eigenes Gehäuse und ich begleite sie dabei. Heute besuche ich ihn in seinem Lehrbetrieb Schwarz AG Feinblechtechnik und schaue ihm bei der Fertigung des Gehäuses über die Schulter.

Ich muss mich beeilen, um mit David in den Hallen seines Lehrbetriebs mitzuhalten. Trotz festen Schrittes hält er immer wieder kurz inne. Er fährt mit seiner Hand zärtlich über gefertigte Bleche und wirft einen prüfenden Blick darauf. Danach richtet er seinen Fokus wieder auf sein Ziel: Mir erklären, wie er sein PC-Gehäuse fertigt.

Polymechaniker David baut zusammen mit Konstrukteur Viktor ein PC-Gehäuse für eine Vertiefungsarbeit. Beim letzten Mal habe ich mit Viktor über die Konstruktion im CAD gesprochen.

David führt mich zu einem Arbeitstisch, den er vorbereitet hat. Darauf liegen diverse Werkzeuge und Teile. In seinen Händen hält er einen Notizzettel. Er hat sich alles aufgeschrieben, was er mir erzählen will. Der Zettel ist sein Leitfaden für meinen Besuch.

Nach einem kurzen Blick darauf erklärt mir David die verschiedenen Arbeitsschritte. Er hat sich dazu entschieden, sein Gehäuse zu lasern statt zu stanzen und er erklärt die Vor- und Nachteile der beiden Methoden. Beim Lasern seien optimalere Konturen möglich. Dafür werden beim Stanzen die Kanten teilweise abgerundet. Das gibt einen besseren Korrosionsschutz. Dieser ist ihm sehr wichtig. Er erwähnt das immer wieder. Deshalb würde er jetzt statt Lasern auch Stanzen. Damit ich den Unterschied sehe, zeigt er mir gelaserte und gestanzte Teile.

Akribisch geht David seine Liste durch. Beim Material hat er sich für verzinkten Stahl entschieden. Der ist einfacher zu verarbeiten als Aluminium, dafür wiegt er mehr. Das stört ihn aber nicht: Er will seinen PC hauptsächlich stationär verwenden.

Die Füsse fertigt er aus Chromstahl. Der ist optisch schöner und tragkräftig genug für das Gehäuse. Die Anforderungen sind hoch: Am Ende wiegt das Teil sicher über 13 Kilogramm.

David arbeitet seine Liste weiter ab. Nach dem Lasern muss er die Gewindedurchzüge machen. Diese hätte er eigentlich auch direkt beim Stanzen machen können. Das habe er leider nicht gewusst. Das gehöre eben auch zur Vertiefungsarbeit: Neues lernen.

Danach stehen Abkanten, Einpressen und Lackieren auf dem Programm. Am Schluss folgt die Endmontage. Leider kann David mir heute nicht alles zeigen. Aber seine Lieblingsarbeit, das Abkanten, will er mir unbedingt vorführen.

Dazu führt er mich weiter zu seiner Arbeitsstation. Auf dem Weg dorthin kommen wir an der Lasermaschine vorbei, mit der er die Teile für seinen PC geschnitten hat. Und dann erblicke ich die Teile, die er zuvor gemacht hat. Ein Lächeln auf den Lippen – und wieder streicht er mit den Händen über den verzinkten Stahl. Lange kann ich die Teile aber nicht bestaunen. David deutet mir, ihm zu folgen. Es geht weiter mit Abkanten.

Abkanten erfordert sehr viel Konzentration, sagt David. Zudem müsse man ziemlich viel wissen. Er kantet die PC-Füsse ab. Gebannt blickt er auf den Bildschirm seiner Arbeitsstation und tätigt diverse Einstellungen. Er erklärt mir dabei, was er genau macht. Ich verstehe nur Bahnhof. Nicht, weil er es schlecht erklären würde: Ich sehe so eine Maschine zum ersten Mal. Mir war nicht bewusst, wie viel Arbeit im Biegen von Metallteilen steckt und was man alles dazu wissen muss.

Bevor David aber anfangen kann, muss er noch den korrekten Stempel und die Matrize in die Maschine spannen. Danach ist alles parat. Er überlegt sich, welche Seite er zuerst in die Maschine führen muss. Danach legt er sein Chromstahlteil auf die Matrize und betätigt den Stempel. Dieser drückt den PC-Fuss in Form. David misst den Winkel nach. Er ist noch nicht zufrieden. Es muss alles ganz genau stimmen. Er nimmt weitere Anpassungen vor und biegt nach. Jetzt ist er zufrieden. Nur noch drei Mal abkanten und dann ist der erste Fuss fertig.

Für die weiteren Arbeiten kann ich leider nicht bleiben. David muss seiner eigentlichen Arbeit im Lehrbetrieb nachgehen. Sowieso: Dass er mich durch seinen Betrieb führen darf, ist eine Ausnahme. Das PC-Gehäuse muss er in seiner Freizeit fertigen, wenn die Maschinen frei sind.

Bevor ich gehe, will ich von David wissen, wie viel Zeitaufwand er für die Fabrikation rechnet. Mindestens fünf Stunden seien es schon. Er ist sich nicht ganz sicher, wie teuer das Gehäuse wäre, wenn es eine Auftragsarbeit wäre. Allein die Fabrikation würde bei einer Losgrösse von einem Stück mit etwa 1000 Franken zu Buche schlagen, inklusive Material. Die ganze Planung und die Konstruktion sind da noch nicht eingerechnet. Das wäre ein noch grösserer Posten.

Ich bin beeindruckt. All das Herzblut, das David und Viktor in ihre Arbeit stecken. Sie holen das Bestmögliche aus ihren Mitteln heraus. Sie bilden ein perfektes Team: Viktor mit seinen CAD-Skills und David mit seiner exakten Arbeitsweise. Nebst der Konstruktion und Fabrikation haben sie auch wirtschaftliche Faktoren im Blick – auch wenn die nur sekundär sind. Und das Schöne an ihrem Projekt: Am Ende lernen sie nicht nur was, sondern erfüllen sich selbst einen Traum.

David verspricht mir zu schreiben, wenn er fertig ist. Nach einigen Wochen Funkstille erhalte ich eine E-Mail. Er konnte das Gehäuse noch nicht fertigstellen. Leider ist die Maschine zum Abkanten grosser Teile immer ausgelastet. David weiss nicht mal, ob er das Gehäuse während seiner noch bis im Sommer dauernden Lehre überhaupt fertig machen kann.

Werden David und Viktor Opfer ihres eigenen Ehrgeizes? Um Gewicht und Material zu sparen, haben sie sich entschieden, Unter-, Vorder- und Oberseite in einem Teil zu fertigen, statt in drei kleineren und diese dann zu vernieten. Das könnte ihnen nun zum Verhängnis werden. Ich hoffe, dass David irgendwann zum Abkanten kommt. Es wäre schade, um all die Arbeit, die die zwei ins Gehäuse gesteckt haben.

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